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Tourenziel:Hüttentour
Tourenart:Bergtour
Jugendtour: 
Beginn:15/Aug/14
Ende:22/Aug/14
Tourenführer:Guido Laschet
Assistenz:Eckehart Speth
Anzahl der Teilnehmer:8
Bericht von:Peter Heidl
Tourenbericht:Berge mit Blöcken und Böcken
Die Adamello Durchquerung vom 15.-22.08.2014

Freitag, 15.8.14: Wer an Guidos toller Presanello-/Brentatour vor 2 Jahren teilgenommen hat, zuckt natürlich, wenn er jetzt die Ausschreibung für die sich westlich anschließende Adamellogruppe liest. Und wirklich trifft sich frühmorgens in Haar eine 10er-Gruppe mit dem harten Kern von damals. Guido, Eckehart und Christian sind die Fahrer; Monika, Karen, Petra, Helga, Bettina, Thomas und Peter unterhalten sie. Über Kufstein, Brenner, und Bozen geht es auf bekannten Wegen nach Süden. Bei Mezzocorona verlassen wir die Autostrada, schwenken nach Norden und erreichen nach dem Val di Sole den Tonalepass. Nach wenigen Kilometern stehen wir am Beginn des Val Camonica in Vezza d'Oglio (1030m), dem Ausgangspunkt unserer Tour. Wegen eines Volksfestes dauern Parkplatzsuche und Pizzavertilgung ziemlich lange. Um 15.00 Uhr wandern wir auf der Asphaltstraße mit regem Autoverkehr das Val Paghera nach Süden entlang; immer auf die frisch verschneiten Berge zu. Nach einer Stunde verschönt Helga die obligate Trinkpause mit selbstgebackenem Kuchen. Der ist so gut, dass uns auch ein kurzer Guss von oben nicht stört. Immerhin ist damit das Wettergeschehen der nächsten Tage schon mal intoniert : Sonne, Wolken, Regen, Wind.
Nach dem Passieren eines Gasthauses mit großem Parkplatz wird es ruhiger. Wir müssen unter einem mittleren Wasserfall queren und können uns das Wetter der letzten Tage lebhaft vorstellen. Über eine Geländestufe mit gut ausgebautem Weg erreichen wir um 18.00 Uhr die Höhe der Occhi Sandro all'Aviolo-Hütte (1930m). Heroische Naturen machen eine Ganzkörperwaschung mit eiskaltem Wasser, andere nur die Sparvariante. Vor der Hütte herrschen 9 Grad, drinnen wärmen wir uns mit Pasta und Rotwein. Mit dem Rest von Helgas Kuchen verschwindet die letzte Brücke zur Heimat (ausgenommen die Handy-User natürlich). 900Hm auf

Samstag, 16.8.14: Um 7.00 Uhr werden wir mit einem sparsamen Frühstück auf italienische Hüttenbräuche eingestimmt. Um 8.00Uhr geht es auf einer nassen Almwiese vorbei an neugierigem Jungvieh. Der Weg ist schlecht erkennbar. Vor uns ragen die erneut frisch überzuckerten schroffen Gipfelketten mit dem dominierenden Corno Battone (3330m) in der Mitte. Die fast schwarzen Granitwände gehen unten in hellen Gneis über, in dem öfters Glimmerplättchen blitzen. Zusammen mit gelben, orangen und roten Flechten bietet sich dem Auge häufig ein prächtiges Bild, das noch durch viele Blumen belebt wird. Die Fotografen werden stets in Versuchung geführt und müssen dann der Gruppe flott nacheilen.
Beim Aufstieg werden wir erstmals mit Blockgestein konfrontiert, so dass wir erst um 11.00 Uhr den Passo delle Platte (2530m) erreichen. Der deutlich markierte Weg führt jetzt in schwierigem Blockgestein steil hinab, was nicht mit der Karte übereinstimmt. Zur Erleichterung spannt Guido zweimal ein Seil, sodass alle trotz einiger Absitzer um 12.30 Uhr auf 2100m heil einen schönen Brotzeitplatz erreichen an der Stelle, wo der direkte Weg von der Hütte heraufkommt. Jetzt haben wir auch die Muße, Glockenblumen, Alpenrosen, Enzian, Alpendost, Teufelskralle und viele andere Blumen zu bewundern.
Wegen der fortgeschrittenen Zeit bauen wir flexibel das Programm um und steigen wieder zur Aviolo-Hütte ab. Den Rest des Tages üben wir dolce far niente in Liegestühlen, mit etwas Sonne, viel Capuccino und noch mehr Rotwein. Der Aviolosee bietet Fotografen das klassische Spiegelungsmotiv, von dem gerne Gebrauch gemacht wird. 600 Hm auf

Sonntag, 17.8.14: Um 7.45 Uhr brechen wir bei 3 Grad auf. Um 9.00 Uhr haben wir den Brotzeitplatz von gestern erreicht und wissen, dass der geplante Querweg ohne Höhenverlust vom Pass aus unbekannten Gründen aufgelassen wurde. Hoffentlich erfahren das irgendwann auch die tabacco-Kartendrucker. Um 10.00 Uhr treffen uns die ersten Sonnenstrahlen, am Boden halten sich noch lange Bündel mit schönen langen Eisnadeln. Über Schneefelder und Blockgestein erreichen wir den Passo Gole Larghe (2804m). Bei der Brotzeit (ab 11.30 Uhr) genießen wir das grandiose Panorama mit dem alle überragenden Adamellomassiv. Hinter uns ist in der Ferne blendend weiß die Ortlergruppe zu erkennen: wirklich ein toller Platz!
Der Abstieg ist steil und wegen des sehr losen Gerölls schaffen wir in einer Stunde nur 150 Hm. Trotdem: die Murmeltiere pfeifen anerkennend. Kurz danach sind wir wieder auf vertrautem Gelände: Blockgestein. Später gibt es einen schmalen, zugewachsenen Pfad, gelegentlich schmierig. Die pilzförmigen großen Grasbüschel am Rande sollte man nicht betreten. Ein kerniger Ausdruck und ein Rumpeln verrät uns, dass diese Büschel oft unterspült sind und es daneben gleich einen halben Meter oder mehr flott hinunter geht . Gegen 15.00 Uhr haben wir das Ufer des Stausees Lago Benedetto (1960m) erreicht und dürfen rasten. Mehr als eine Hose verrät, dass es der Abstieg in sich hatte. Auf einen der hervorragenden Militärwege des Ersten Weltkrieges steigen wir nach dem See zu unserem Tagesziel auf. Zwei Wasserfälle tosen laut neben uns und speisen den See. Unglaublich viele Tagesausflügler kommen uns entgegen; ständig ein Ciao, Salve, Bon Giorno oder nur Hallo, die Italiener sind höfliche Leute. Mit der letzten Willensanstrengung, vorbei an verfallenen Militärunter-künften, gelangen wir um 18.00 Uhr zum Rifugio Garibaldi (2550m). Kommunikativ ist dort, dass der Duschvorrraum für alle gemeinsam ist und dass die Stehtoiletten nicht absperrbar sind. Auch Haltegriffe sind verpönt. Aber nach einem Weißbier ist die Welt wieder in Ordnung. Der mächtige Adamello (3539m) ist hier der Hausberg, sein breiter Gletscher ist der größte Italiens. Die Hütte war einst Versorgungszentrum der umliegenden italienischen Truppenteile. Mit Hilfe einer extra errichteten Seilbahn und viel Muskelkraft wurde ein zerlegtes 8to-Geschütz letztlich bis auf 3200m gehievt. Fotos an der Hütte künden von Anstrengungen und Leiden der Soldaten. 1525 HM auf / 840 Hm ab

Montag, 18.8.14: Um 8.00 Uhr führt uns der Weg zu einer kleinen Kapelle, deren Bilder Aufschluss über die Gefühle der hier eingesetzten Zivilisten und Soldaten geben: Heil dem Wahnsinn zu entkommen.
Anschließend queren wir zweimal Staudämme. In den 1930er Jahren wurden hier ein Netz von Stauseen mit Überleitbauwerken zur maximalen Ausnutzung der Wasserkraft für die Stromerzeugung aufgebaut.
Vorbei an vielen leuchtend gelben Gamswurz und etlichen Gelben Enzianen erreichen wir um 13.00Uhr den Passo dell'Avio (2882m), dessen letztes Stück mit Ketten gut versichert ist. Nach einer angemessenen Rast steigen wir zu einem kleinen See ab, vorbei an gewaltigen Granitplatten die der Gletscher völlig plan geschliffen hat. Später passieren wir einen See, der von Wollgras umstanden ist und treffen um 15.30 Uhr am Rifugio Tonolini (2450m) ein. Hier spendiert die Dusche immerhin lauwarmes Wasser in geringen Mengen. Aber wir sind ja bescheiden geworden. Um 21.00 Uhr bin ich als Erster in dem großen Schlafsaal und bekomme die "Nachzügler" gar nicht mehr mit: Wandern ist gesund! 660Hm auf / 750Hmab

Dienstag, 19.8.14: Wieder ein extrem sparsames Zwiebackfrühstück mit hoher Müllproduktion (Marmeladedöschen, Papier der Minibutterration). Um 8.00 Uhr beginnt es plötzlich kräftig zu regnen, unsere Seentour (Lagi Gelati) fällt also buchstäblich ins Wasser. Schließlich steigen wir um 9.30Uhr bei Nieselregen mit voller Regenmontur ab. Mangels Poncho werden die Rucksackträger ziemlich nass. An einigen Stellen sollen Drahtseile den Weg sichern; sie hängen aber stark durch. Um 10.30 Uhr stehen wir vor dem verschlossenen Rifugio Baitone (2281m). Aus der Zeit des Staudammbaus erkennt man noch Gleise und Trassen, sowie in den Fels gehauene Schuppen für Loks und Waggons - welch ein Aufwand. Endlich haben wir um 12.00Uhr das Rif. Gnutti (2166m) erreicht. Im geheizten Vorraum werden Zusatzseile gespannt, um die vielen nassen Ponchos, Jacken, Überzüge, Handschuhe usw. aufhängen zu können. Gottseidank gibt es heute keine Tagestouristen, so dass wir alles bis zum nächsten Tag mehr oder weniger trocken bekommen. Ein Capuccino belebt uns, dazu der gerade aus dem Ofen gezogene Schokoladenkuchen. Die Kartenspieler sind bald eifrig zugange und andere studieren die herrlichen Bergbücher und die Geschichte der Landschaft, die uraltes Siedlungsgebiet ist und vom Stamme der Camuni bestimmt wurde, die sich stets eine gewisse Autonomie erhalten konnten. Der Name des Tales (Camonoca) geht auf sie zurück. Felsritzzeichnungen der Eisenzeit bedecken große Flächen in Talnähe (Capo di Ponte).
Von allen Hütten wurden wir hier am freundlichsten bewirtet und am besten umsorgt: mille gracie ! 320Hm ab / 350Hm auf

Mittwoch, 20.8.14: Heute bekommen wir sogar Brot neben dem Zwieback, wirklich eine bemerkenswerte Hütte! Leider hat sich das Wetter nicht gebessert: Um 8.15 Uhr gehen wir wieder mit Regenausrüstung los. Beim Aufstieg erhalten wir einen Gesamteindruck von dem Kanal, der Wasser von den Hängen durch den Berg in den nächsten Stausee leitet: Eine bergmännische Meisterleistung. Der Anstieg im Geröll kostet Zeit und erfordert Konzentration. Auf rutschigem Blockgestein erreichen wir die Region, wo Eisenklammern und Ketten die letzten Meter zum Passo del Miller (2818m) versichern. Da die Sicht schlecht ist, steigen wir um 12.00 Uhr gleich auf der gegenüberliegenden Seite ab und gönnen uns die Mittagspause erst weiter unten an einer flacheren Stelle. Sogar der Himmel hat ein Einsehen und stoppt den Regen. Unter uns erkennen wir grüne Seen am Grunde des Salarno Tales. Nun müssen wir über große Steinblöcke, zwischen denen grimmige schwarze Tiefen lauern. Klappernde Platten und Wackelsteine steigern die Vorsicht. Der wiedereinsetzende Regen hat jetzt leicht körnige Substanz. Hatten wir bisher kaum Höhe verloren, so kommen nun wieder ein Stück mit Ketten und Krampen und mit Eisenbahnschwellen gegen Hangrutsche gesicherte Stellen. Alle atmen auf, als wir um 15.30 Uhr am Rif. Paolo Prudenzini (2235m) eintreffen. Leider wird der Diesel erst um 17.15 Uhr angeworfen, der zum Betrieb des Pelletsofens nötig ist. Da müssen wir unsere nassen Sachen schon sehr dicht an ihn heranrücken. Auch hier nicht absperrbare Toiletten: eine echte Spezialität! Und das Dosenbier gibt es nur in 0,33 l Büchsen. Da bin ich wieder um21.00 Uhr im Bett.


Donnerstag, 21.8.14: Zum Frühstück Brot: Das versöhnt fast mit dem ungeheizten Raum und den feuchten Sachen. Heute ist Ruhetag, das heißt Guido folgen zum "Gletschergucken" nur Petra, Eckehart, Thomas und Peter. Wir gehen auf der westlichen Seitenmoräne einer längst abgeschmolzenen Gletscherzunge. Auf dem schmalen Pfad steht plötzlich ein Steinbock vor uns. Neugierig schaut uns das weibliche Tier an. Es stuft uns als harmlos , aber wohl auch nutzlos ein und trottet gemessenen Schrittes vor uns her. Später verschwindet es zwischen großen Blöcken aus unserem Blickfeld. Bei einem Schneefeld erreichen wir das Gletschertor (2610m) einer Gletscherzunge, die keine Verbindung mehr zum Hauptgletscher hat. Dieser ist der Pian di Neve, der große Adamellogletscher, dessen Beginn wir ca. 200m über uns mit einer grünen Bruchkante erkennen. Auf der Moräne zurück, genießen wir Aussicht und Brotzeit. Unter uns quert eine Gruppe Steinböcke ein Schneefeld; die Jungen fangen schon an, sich spielerisch zu stossen und herauszufordern. Es ist trotzdem eine sehr friedliche Stimmung, besonders, weil eine andere Herde unweit von uns ungerührt Alpenrosen beknabbert und sich sonnt. Vorbei an der Ruine der alten Salano-Hütte erreichen wir längs des Gletscherbaches, der vielarmig über dem flachen Talboden strömt, unsere Hütte. Helga und Christian haben einen Ausflug zu einer Alm unter-nommen und bringen von dort einen fantastischen Käse mit, der ihnen gerne abgekauft wird. 380Hm auf und ab


Freitag, 22.8.14: Bettina und Christian wollen heute schon abfahren. Wir anderen schauen bekümmert bei Regen in Richtung der Scharte, die heute als Letzte auf dem Programm steht. Leider ist sie hinter dichten Wolken nur zu erahnen. Als der Regen nicht aufhören will, ist klar: wir steigen alle ab. Bei der nächsten Hütte wird abgesagt und wir wandern talwärts. Der Regen läßt zwar nach, die Berge sind jedoch nach wie vor in Wolken gehüllt. Der Weg wird steiler und ist mit Beton ergänzt und somit für Allradfahrzeuge passierbar. Ein Auto der ENEL(ital. Energieversorger) kommt uns halsbrecherisch entgegen: keiner möchte mit dem Fahrer tauschen. Das Tal wird enger: Wasserfälle, Lawinenspuren. Um 11.00Uhr endet unser Weg am Rif. Stella Alpina (1440m). Um 12.00Uhr trifft ein kleines Auto ein und nimmt die Fahrer und Bettina mit nach Vezza d'Oglio. Christian und Bettina fahren gleich weiter, Guido und Eckehart kämpfen sich auf schmaler Straße durch enge Bergdörfer wieder zu uns hoch. Um 14.15 Uhr haben sie es geschafft.
Die Rückfahrt erfordert mit den vollbeladenen Autos viel Fingerspitzen-gefühl. Erst als wir um 15.30 Uhr in Edolo auf die Hauptstrecke einbiegen, entspannen sich alle - Ein Bravo unseren Fahrern!
Um 17.30 Uhr haben wir Mezzolombardo erreicht, ein sympathisches, altes Städtchen, in dem das traditionelle Abschiedsessen der Gruppe stattfindet. Guido wird zurecht von allen für seine Führung gelobt.
Jedem, der in weitgehend touristisch unberührter, eindrucksvoller Landschaft bergwandern möchte, sei die Adamellotour nachdrücklich empfohlen. 800 Hm ab

Bilder von:Guido Laschet
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