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Tourenziel:Pasubio-Gebirge
Tourenart:Wanderung
Jugendtour: 
Beginn:03/Okt/14
Ende:05/Okt/14
Tourenführer:Sara Hoffmann-Cumani
Assistenz:Guido Laschet
Anzahl der Teilnehmer:42
Bericht von:Hans-Eugen Wien
Tourenbericht:Unser Ziel heißt Pasubio. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein bis zu 2200m hoher Gebirgszug südöstlich von Rovereto (204m) im Trentino, auf dem sich während des I. Weltkriegs vor hundert Jahren italienische und österreichisch-ungarische Soldaten überaus harte Gebirgskämpfe geliefert haben. Fast 100.000 Soldaten waren dort eingesetzt; 10.000 von ihnen sind gefallen, an Krankheit gestorben, erfroren oder von Lawinen verschüttet worden. Zur mahnenden Erinnerung an das blutige Ringen wollen wir diesen Ort mit seinen immer noch erkennbaren Spuren des Krieges gemeinsam mit Mitgliedern der Sektion Rovereto des italienisch-trentinischen Alpenvereins SAT besuchen. Der gemeinsame Besuch soll ein Zeichen dafür sein, dass die Nachkommen der damaligen Gegner gute Freunde geworden sind.
Zunächst mit Bahn und Auto, dann zu Fuß oder mit dem Mountain-Bike erreichen wir die Rifugio Vincenzo Lancia (1825m), unser Quartier am Pasubio, das nach dem berühmten italienischen Rennfahrer und Autobauer benannt ist. Unsere Gruppe setzt sich aus über 42 Personen vom munteren Kleinkind bis zum würdig ergrauten Alten zusammen. Sehr freundlich begrüßt uns die 1. Vorsitzende der Sektion Rovereto, Camilla. Sie tauscht mit Daniela die Wimpel beider Sektionen aus - ein würdiges Zeichen der Verbundenheit, das es in unserer Sektion bisher noch nicht gegeben hat. Typisch italienisch servieren uns der rührige Hüttenwirt und seine Helfer alsbald ein viergängiges Abendessen einschließlich Rotwein. Wir werden mehr als satt. Anschließend sehen wir noch eine PP-Präsentation zur Geschichte der Kämpfe auf dem Pasubio, die uns auf den nächsten Tag vorbereiten soll. Gegen 22 Uhr geht´s in die Betten.
Am nächsten Morgen steigen noch mehrere Mitglieder der Sektion Rovereto zu uns herauf, um den Tag mit uns zu verbringen. Wir bilden zwei Gruppen. Bruno aus Rovereto und Guido führen die Erwachsenengruppe in einer achtstündigen Rundtour zu den unmittelbar nebeneinander liegenden Dente Italiano und Dente Austrico (2203m). Gino Vencato, Sara und Daniela übernehmen die Familiengruppe für einen zweistündigen Marsch zum Corno Battisti und zu den Dinosaurierspuren des Pasubio. Die Erwachsenengruppe erreicht über den Roite (2144m) die ersten Schützengräben. Da sich die Sektion Rovereto ihre Erhaltung zur Aufgabe gemacht hat, sind sie noch eindeutig zu erkennen. Bruno, unser Führer, erklärt immer wieder, wo die Italiener, die Alpini und wo die Österreicher, die Kaiserjäger eingesetzt waren. Renato, sein Freund übersetzt es uns ins Deutsche. Uns schauerts bei dem Gedanken, dort über drei Jahre im Sommer wie im Winter ausharren zu müssen. Mit großer Tapferkeit versuchten Alpini und Kaiserjäger immer wieder, sich die Stellungen gegenseitig, oft im Kampf Mann gegen Mann zu entreissen, des Gebirgsgeländes wegen meist aber ohne Er- folg. Bis zum Ende der dreijährigen Kämpfe am Pasubio blieb die Linie der Stellungen fast unverändert. Gegen Mittag erheben sich vor uns der Dente Austriaco und der Dente Italina. Die Namen machen deutlich, wo die Alpini und wo die Kaiserjäger lagen - beide in Rufweite zueinander. An Weihnachten sollen sie sogar Geschenke ausgetauscht haben. Das Besondere an den Dente (Zähnen) sind die Kavernen, die die Soldaten beider Seiten oft hunderte Meter tief in die Felsen getrieben haben. Meist dienten sie als Schutz gegen das gegnerische Feuer; zum Teil aber reichten sie bis unter die feindlichen Schützengräber und wurden mit gewaltigen Dynamitladungen in die Luft gejagt. Es gab fürchterliche Verluste; dennoch auch hier das Ergebnis, dass die Linie im Wesentlichen gehalten werden konnte. Bruno führt uns durch mehrere Kavernen. Nur mit Taschen- oder Stirnlampen können wir uns in den stockfinsteren Höhlen zurecht finden. Manchmal müssen wir kriechen. Dennoch bleibt es nicht aus, dass wir mit unseren Köpfen an Felsen anrennen. Als besonders heimtückisch erweisen sich die Kavernen der Kaiserjäger, da sie niedriger und enger als die der Alpini sind. Die Soldaten haben hier jahrelang gehaust; durch in die Kavernen hinein gebaute Holzhütten haben sie sich etwas Bequemlichkeit zu schaffen versucht, herum liegende Balken und Bretter zeugen davon. Auf dem Rückweg zur Rifugio Lancia trifft die Gruppe der Erwachsenen bei der letzten, von uns besichtigten, Kaverne mit der Familiengruppe zusammen. Alle freuen sich und erzählen von ihren Abenteuern. Diese Kaverne, die den Kaiserjägern als Verbindung zu ihren Stellungen diente, birgt ein Besonderheit: an einer Stelle sollen versteinerte Überreste von Dinosauriern zu sehen sein. Neugierig dringen wir wieder in die Finsternis. Nur mit Brunos Hilfe können wir die Dinosaurierspuren an der niedrigen Decke entdecken. Sie sollen über hundertachtzigmillionen Jahre alt sein. Wieder in der Lanciahütte, verwöhnt uns der Wirt am Abend erneut mit einem viergängigen Menü und mehreren Krügen Rotwein. Er scheint recht zufrieden mit uns zu sein, denn abschließend ergänzt er das Mahl noch mit einigen Flaschen Grappa.
Am nächsten Morgen steigen wir wieder zu unseren Pkw’s ab und fahren nach Rovereto. Dort gibt es in einem großen Kastell aus dem 14. Jahrhundert das größte Weltkrieg-1-Museum Italiens, in dem die Kämpfe um den Pasubio dargestellt sind. Wir besuchen es und erhalten eine persönliche Führung durch den Museumsvorsitzenden und seinen, aus Nürnberg stammenden, Übersetzer. Wir bekommen viel Militärausrüstung, vor allem die Waffen zu sehen, mit denen sich die Alpini und die Kaiserjäger bekämpft haben. Gleich am Eingang steht eine gewaltige Kanone, die unsere Kleinen sogleich als Spielzeug verwenden. Schließlich trennen wir uns zur Heimfahrt. Unser Dank gilt Sara und Claudio, die das Zusammentreffen mit den Bergfreunden in Rovereto und die Tage auf dem Pasubio auf einzigartige Weise vorbereitet und durchgeführt haben. Zum Gedenken an die Kämpfe auf dem Pasubio haben die Italiener die Dente Italiano und Austriaco zur "Heiligen Zone" erklärt. In Anerkennung der beiderseitigen Leistungen und Opfer wehen dort heute die Flaggen Italiens und Tirols.

Bilder von:Mehrere TeilnehmerInnen
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