| AutorIn/ HerausgeberIn: | kittkritik | Titel: | Deutschlandwunder | Untertitel: | Wunsch und Wahn in der postnazistischen Kultur | Verlag: | Ventil | Ort: | Mainz | Auflage: | 1 | Jahr: | 2007 | Kategorie: | Rechtsradikalismus/ Faschismus Antisemitismus National(sozial)ismus politische Theorie Gegenwartspolitik Soziologie Psychologie | Inhaltsangabe: | Seit 1945 sind kulturindustrielle Medien Austragungsort der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Die Fokussierung auf die deutsche Bevölkerung als Opfer im derzeitigen Boom von Büchern und Filmen, die sich mit dem Alltag im NS beschäftigen, ist kein neues Phänomen. Aktuell ist aber der Entwurf eines historischen Selbstverständnisses einer nach 1989 entstandenen nationalen Identität, die Auschwitz in die (Re-)Inszenierungen der deutschen Erinnerungsarbeit integriert. Die Berliner Republik ist zu einer Erzählgemeinschaft geworden, in der jeder „Zeitzeuge“ und jede „Zeitzeugin“ seinen bzw. ihren Platz hat. Egal ob jüdisches Opfer, sowjetischer Soldat oder deutsche Trümmerfrau, im neuen deutschen Erinnerungsdiskurs hat sich längst durchgesetzt, dass jede Erfahrung subjektiv und jedes Leid gleichwertig ist. Diese Tendenz korrespondiert mit einer stärkeren Öffnung von Jugend- und Populärkultur hin zu nationalen und historischen Themen. In der Musik, im Computerspiel oder im Hörspiel werden jene Geschichtsbilder mitverhandelt, die auch auf der Kinoleinwand und im Fernsehen zu bewundern sind. Auf der medialen Bühne der nationalen Inszenierung hat die dritte Tätergeneration einen privilegierten Platz: Die neue Unbefangenheit im Umgang mit der Geschichte, in der Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der eigenen Großeltern, der Wunsch, bei der Weltmeisterschaft auch einmal unbeschwert „Schwarz-Rot-Geil“ zu sein, macht diese Generation zum Protagonisten eines neuen postnazistischen Nationalgefühls, das in jener Kultur entstand und sich aus dieser entwickelte, die nach 1945 wesentliche Elemente des nationalsozialistischen Bewusstseins, Strukturen der Entwirklichung, des Antisemitismus und des autoritären Charakters in die demokratische bzw. sozialistische Nachkriegsgesellschaft überführte. „Deutschlandwunder – Wunsch und Wahn in der postnazistischen Kultur“ untersucht die Bedeutung von Familie, Generation, Geschlecht, das Verhältnis von Individuum und Masse, von Antisemitismus und Opferdiskurs in Literatur, bildende Kunst, Popmusik, Hörspiel, Film und Computerspiel von den 50er Jahren bis in die Gegenwart.
Die HerausgeberInnen – J – P. Baeck, V. Beeck, T. Ebbrecht, R. Krolczyk, J. Müller, E. Peters, S. Witte, D. Wittenberg – arbeiten bereits seit einigen Jahren zusammen. „Deutschlandwunder“ ist die erste Veröffentlichung unter dem Projektnamen kittkritik, und stellt den Versuch dar, die gemeinsame Auseinandersetzung mit deutscher Vergangenheitsbewältigung in der Geschichte des Films zu bündeln und fortzuführen und gleichzeitig – mit Unterstützung weiterer AutorInnen – um die mit anderen Medien zu ergänzen. Dies trägt dem Anspruch der Gruppe Rechnung, die gesellschaftliche Bedeutung kulturindustrieller Produkte zum Erkenntnisgegenstand zu nehmen und damit eben keine irgendwie „angemessenere Ästhetik“ oder „kritischere Rezeption“ zu fordern. Nicht die postulierte postmoderne Heterogenität der Medien und der endlose Interpretationsraum der RezipientInnen stehen zur Debatte, sondern die Funktion der Kulturindustrie als gesellschaftlichem Kitt.
Inhaltsverzeichnis
kittkritik Nationales Vergangenheitsrecycling
I Geile Nazi Dietrich Kuhlbrodt „The Nazis“ Christian J. Heinrich Weißnichtwo, weißnichtwie, weißnichtwann Über Günter Grass' Beim Häuten der Zwiebel Sebastian Winter Arischer Antifaschismus Geschlechterbilder als Medium der kulturindustriellen Bearbeitung der Erinnerung an den Nationalsozialismus am Beispiel der Filme Der Untergang, Sophie Scholl und Napola II 82 Millionen Hooligans
Jean-Philipp Baeck/Volker Beeck Mit Judo gegen Wodka-Bruno, Miethai Zinse und Dr. Mubase TKKG - ein postnazistischer Jugendkrimi Dierck Wittenberg/Eric Peters Stars Down to Earth Über das Verhältnis von Pop, Nation und Künstlersubjekt in Zeiten neuen deutschen Selbstbewusstseins Lars Quadfasel Ein Traum von Postfaschismus: Die Deutschen und ihr Fußball III Bilderfolgen Julia Anspach Echte „Äpfele“ und falscher Schmuck Das Begriffspaar ‚Echt’ und ‚Falsch’ in dem Heimatfilm Schwarzwaldmädel und dem NS-Propagandafilm Jud Süß Antonia Schmid Der „Feuersturm“ als Vollwaschprogramm: Zur Universalisierung des Opfers im Fernseh-Zweiteiler Dresden Magnus Klaue Geraubte Zeugenschaft Täter- und Opferdiskurse in der Holocaust-Literatur – mit besonderem Blick auf Kertész’ Roman eines Schicksallosen und Hilsenraths Der Nazi & der Friseur IV Opa war ein Nazi
Tobias Ebbrecht Familienalbum und Familienroman Zur Neuschreibung der deutschen Familiengeschichten in filmischen Geschichtsfiktionen über den Nationalsozialismus Lars Lippmann „Auftrag im Auge des Sturms“ - Erfahrungen mit und Reflexionen über das II. Weltkrieg-Strategiespiel Silent Storm Sonja Witte Das Wunder von Bern – Katharsis der Nation | Signatur: | K015 | ISBN: | 978-3-931555-71-9 | ausgeliehen: | nein | Ausleihdatum: | |
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