| Autor: | Woolf, Virginia | Titel: | Mrs Dalloway | Verlag: | Süddeutsche Zeitung | Bibliothek | Ort: | München | Jahr: | 2007 | Auflage: | | Signatur: | W 097 | Link: | | Reihe/Untertitel: | | Aufstellung: | Belletristik | Biographie aufgestellt unter: | | Suchgebiet: | Belletristik Roman | Erstauflage: | 1925 | dt. Erstauflage: | | ISBN: | 978 3 86615 504 6 | Bemerkungen: | | Originaltitel: | | Verlagsangaben: | | Angaben zu Autorin/Autor: | | Rezensionen: | Leben; London; dieser Juni-Augenblick Rezensiert von BRIGITTE KRONAUER - 12-05-2007
1923, Mitte des Jahres, Mitte der Woche. Die Glocke von Big Ben schlägt den Takt vom Morgen bis zum Abend. Mrs. Dalloway, Anfang fünfzig, verheiratet, Oberschicht, kauft spanische Wicken für eine Gesellschaft, die sie am selben Tag in ihrem Haus erwartet: Informationen von jener Sorte, die eins der vitalsten Leserbedürfnisse befriedigen, nämlich die Sehnsucht nach klaren Verhältnissen und fester Kontur als Erholung von der Unübersichtlichkeit des Lebens? Mrs. Dalloway aber unterschlägt nicht, sondern entfaltet weit den Fächer möglicher Perspektiven einer Wirklichkeit im Flackern und Strudeln von Wahrnehmung, Fakten, Gefühl. Dem, der die Einschrumpfung auf fixe Realitätsmerkmale, die der Alltag ihm abverlangt, nicht jederzeit auch noch in der Lektüre glorifiziert sehen will, bedeutet das 1925 erschienene Werk einen verschwenderisch geschenkten Reichtum an Sinneseindrücken, die Offenbarung eines dem Leben unermüdlich witternd auf frischer Spur bleibenden, nicht gealterten Avantgardismus. Für die Protagonisten ist das nicht ungefährlich. Clarissa Dalloway flüchtet sich vor den Momentgewittern widersprüchlicher Anmutungen und Empfindungen, die zusätzlich aus der Vergangenheit in die übervolle Gegenwart irrlichtern, in die Panzer gesellschaftlicher Konvention. Der von Kriegserlebnissen traumatisierte junge Septimus verliert dagegen die Balance. Er stürzt sich in Wahnsinn und Selbstmord. Zwei sehr unterschiedliche Schicksale, die sich ein-, zweimal scharf überschneiden. Mit einem kleinen Schwenk hätte das eine Bewusstsein auf die Gleise des anderen überwechseln können. Denn es gibt noch einen weiteren, geradezu biologischen Grund, sich mit Büchern zu befassen. Literatur durchdringt die starren Grenzen zwischen dem Ich und anderen Individuen. Sie berichtet, was in den Zeitgenossen eventuell geschieht, zeigt uns ein Innenleben, an das wir dem Augenschein der Oberflächen nach oft nicht glauben können. Wenn Clarissa durch London und die Menge der Passanten schlendert, dann wandern Stadt und Mitmenschen auch durch sie selbst hindurch. Ein unentwegtes Vermischen und Vereinzeln findet statt. Wiedererkennbare Gestalten tauchen auf, stoßen sich ab mit Außenhaut und Vorurteilen, fühlen sich kurzfristig zueinander hingezogen, werden aus einem unerschöpflichen Inneren zu physiognomisch wie psychologisch entschieden und nicht selten sarkastisch umrissenen Charakteren geformt und gleiten zurück in eine umfassende Verwandtschaft aller Wesen, in den Strom, in die „Ebbe und Flut der Dinge”. Jeden endlich, für den Literatur ein Teil des Lebens ist, müsste der Roman aber dort unerbittlich in die Knie zwingen, wo das maienverzückte Liebeslied einer greisen Bettlerin zwei Seiten lang den Zusammenhang von Gegenwart und Urzeit, von „ewigem Frühling” und Staub – vorläufig – unvergänglich bezeugt. BRIGITTE KRONAUER
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